Home » Aktuelles » Online gute Ergebnisse mit Gruppen erzielen

Die letzten Erfahrungen während der Corona-Zeit haben uns gezeigt, dass online sehr viel mehr möglich ist als wir zuvor dachten. Dennoch hatte meine Ausbildungsgruppe Bedenken, ob so sensible Techniken, wie z. B. Systemaufstellungen, überhaupt mit Präsenz vergleichbare oder ähnliche Wirkungen erzielen könnten. Hinzu kam die hohe Messlatte, dass sich die Teilnehmer/innen in der Ausbildung zum HR Constellation Coach® befinden und mit diesem Modul Ihrem Ziel, Aufstellungen selbst als Leiter/in zu begleiten, näher kommen sollten.

Aufstellen ohne Videounterstützung

Um die Bandbreite zu erhöhen, verzichteten wir auf die Kameras und schalteten sie im Raum aus. Die Mikrofone blieben nur an, wenn sie wirklich gebraucht wurden. Dies hatte einen erstaunlichen Effekt! Alle Teilnehmer/innen waren stärker auf das Aufstellungsgeschehen fokussiert. Sie nahmen die Stimmen und Stimmungen intensiver wahr, als das mit eingeschalteter Kamera möglich gewesen wäre. Wir erstellenten Szenarien mit zwei und mehr Stellvertretern, die als bewegliche Pfeile, Zettel oder Figuren Nähe, Distanz, Bindung und Zugehörigkeit erlebten und beschreiben.

Aufgabe

Für schwierige Themen braucht es Mut

Meinen Teilnehmer/innen hatte ich voraus, dass ich bereits seit Jahren mit 2D und 3D Räumen vertraut bin, regelmäßig Online-Sitzungen mit Gruppen und Teams abhalte, viele Kunden mit meiner Online Fortbildung SLOTCUM ausbilde, damit sie selbst in die Digitalisierung einsteigen, um ihr Coaching mit Webinaren und Online-Kursen erfolgreich online anzubieten.  

 Die ersten Erfahrung mit Online-Aufstellungen durfte ich bereits 2013 mit verschiedenen Teilnehmer/innen in 3D machen. Wir probierten unglaublich vieles aus, testeten das Aufstellen mit Figuren und waren von den jeweiligen Ergebnissen positiv angetan. Zur Verfügung standen – ähnlich wie heute – Kegel, Pyramiden und Kreise, die auf einer großen Fläche bewegt und aufgestellt werden konnten. Farbe, Position und Größe der Figuren ließ sich verändern. Das Aufstellungssetting war so gedacht, dass ein Berater/Coach mit einem Kunden/Coachee eine Session abhielt.

Vorgehen in 3D

Der Zugang in die virtuelle 3D Welt erfolgt über den Download eines Clients sowie die Auswahl eines Avatars aus einer größeren Gruppe möglicher Avatare. Am PC steuert der Teilnehmer das Geschehen am Bildschirm über Tastatur und Maus.  Da jeder durch die Augen seines Avatars schaut, mit dem anderen Teilnehmer sprechen kann und sich die Avatare gleichzeitig in der 3D Welt bewegen und verständigen können, verliert sich schnell der Eindruck nur an einem Bildschirm zu sitzen. Mit den ersten Schritten verstärkt sich die Wahrnehmung, Teil des virtuellen Geschehens zu sein.

 

Einige Testreihen ergaben, dass es durchaus möglich ist, mit den Avataren als Stellvertreter zu arbeiten, d. h., sie so einzusetzen, wie wir es als Aufsteller in Präsenz mit Teilnehmern auch tun. Im Gegensatz zur Arbeit mit den Kegeln konnten nun Coachinggruppen teilnehmen und die Teilnehmenden als Avatar ihre Stellvertretungen übernehmen. Diese Wende gab nochmal eine andere Dynamik in die Aufstellung, die einerseits das Lösungstempo verstärkte und andererseits die persönlichen Eindrücke während des Aufstellungsgeschehens vertiefte.

Neue Erfahrungen mit Aufstellungen in 2D

In unserem Fall sprachen praktische Erwägungen leider gegen den Einsatz eines 3D Raums. Wir verbrachten 19,5 Stunden online, einige Teilnehmer/innen hatten technische Schwierigkeiten mit ihrem Headset und der Leistungsfähigkeit ihres WLANs. Daher sollte auf keinen Fall technische Frustration im Vordergrund stehen, sondern die Aufstellungsthematik.

Die Frage blieb, ob Aufstellungen in 2D Räumen hinreichend gut umgesetzt werden könnten. Im Gegensatz zu 3D war ja „nur“ ein Schieben auf einer Fläche möglich und nicht die Qualität, sich als Avatar zu begegnen, gemeinsam einen Raum zu beschreiten und Platzwechsel vorzunehmen.

Wir lernten schnell, dass in den 2D Räumen vergleichbar mit den 3D Räumen, Beobachtung, Intuition und Empathie möglich waren. Die Teilnehmer/innen hörten und sahen sich live. Wir testeten beweglichen Varianten wie Pfeile, Zettel und Figuren alle als Stellvertreter im 2D Raum aus und stellten dabei fest, dass wir alle in der Lage waren, uns z. B. als Stellvertreter in der Gestalt eines  Pfeils in das Geschehen einzufühlen, Ortswechsel auf der Folie (Whiteboard) durchzuführen und andere Stellvertreter wahrzunehmen. Vergleichbar mit den Aufstellungen in Präsenz beschrieben die Stellvertreter ähnliche Wahrnehmungen, Körperreaktionen und Gefühle.

Mehr Nähe zur Präsenz erzeugen

Die Aufstellungsergebnisse mit zwei Stellvertretern, den Pfeilen und Zetteln waren schon gut und in ihrer Aussage klar. Nahmen mehrere Personen teil, waren jedoch viele Rückfragen nötig, um Blickrichtung und Standort zu klären. Mit dem Folieneinsatz gelangt uns noch mehr Ähnlichkeit zur Präsenz zu erzeugen. Wir setzten bewegliche Symbole ein, die uns in dieser Form aus den Lehrbüchern der Aufstellungsarbeit bekannt sind. Die Figuren weisen einen Einschnitt auf, der für die Blickrichtung steht. In unserem Beispiel schaut Frau A etwas seitlich an Herrn L vorbei. Die Varianten der Blickrichtung erfassten die Teilnehmer/innen sofort und achteten bei Unstimmigkeit auf genauste Korrektur. Die Rollen wurden von verschiedenen Mitgliedern der Kleingruppe im Wechsel eingenommen.

Die Fortbildungsteilnehmer/innen waren bereits von den ersten Ergebnissen begeistert. Nun konnten sie in Breakoutrooms in kleineren Gruppen mit diesen Folien üben, sich als Leiter/in einer Aufstellung oder als Fallgeber/in fortbilden.

Frau A-Herr L
Raum 1 - Lösungsbild einer Familiensituation

Jede Gruppe erstellte in einem Nebenraum pro Session ein Problem,- und ein Lösungsbild, welche sie zur gemeinsamen Besprechung ins Plenum mitbrachten. Die jeweiligen Fallgeber/Coachees erhielten nach eigener Aussage sehr gute und differenzierte Lösungen, die sie dann gerne als Bereicherung ihrer Ausgangssituation annahmen.

Raum 3 - Problembild einer Organisation

„Lustige“ Zufälle können zu tieferen Erkenntnissen führen

Da die Anzahl der Symbole auf der Folie begrenzt war, musste in einem Fall die Anzahl der Stellvertreter vergrößert werden. Was dazu führte, dass sich durch Verdopplung plötzlich drei Herren „J“ im Aufstellungsfeld befanden. Je nach Aufstellungsschule wird mehr oder weniger auf das Spielen des Zufalls geachtet. Bei mir ist alles wichtig, was in Aufstellungen geschieht, soweit sich daraus für den Kunden eine zusätzliche Hilfe ergibt und der Coachee eine weitere Bedeutungsebene kreieren kann. Bei den drei „J“-Männern war beispielsweise wichtig zu sehen, dass zwei der „J“-Vertreter Führungsaufgaben hatten ohne jedoch selbst „J“ zu sein, der das Unternehmen leitete. Das führte im Nachgang zur größeren Differenzierung der Führungsqualität, Klärung von Rolle und Funktion innerhalb der jeweiligen Führungsebene.

Eine weitern Klärung bewirkte ebenfalls ein männliches Symbol in einer anderen Aufstellung, das in Ermanglung von Objekten, da es auf der Folie ja nur männliche und weibliche Symbole gab, als ein vom Opa geerbtes Haus aufgestellt wurde. Bei der Suche nach Lösungssätzen schien es wichtig, dass dieses Haus, das sich im Besitz des Enkels befand, seine Leere aussprechen musste. Es sehnte sich nach Anerkennung, Sinnhaftigkeit, fühlte sich ohne den Großvater einsam und hofft auf Veränderung, mehr Leben und buntes Treiben durch die beiden Urenkel. Die einzigen Frauen in der Aufstellung des Kunden waren seine Schwester und seine Ehefrau, die beide keine tragende Bedeutung für die Entwicklung der Aufstellung hatten.

Fazit mit möglichen Verbesserungen

Wir lieben Aufstellungen und treffen uns mit Freude in Präsenz. Wenn das jedoch aus gegebenen Gründen nicht möglich ist, sollten wir getrost auf 2D oder 3D Technologien ausweichen. Die Zeit verging uns online wie im Flug und wir sprechen in diesem Fall von einem Wochenende, das sich von Freitag 17:00 Uhr bis Sonntag 17:00 Uhr erstreckte.

Wir hielten in unserem Online-Aufstellungsmodul Pausen in Anlehnung an unsere Präsenzfortbildung mit zehnminütigen Zwischenpausen ein, gönnten uns eine Stunde Mittagspause sowie ausreichend Zeit für das Abendbrot. Die Aktivitäten waren interaktiv. Lehrgespräche, Übungen mit Aufstellungspraxis fanden sowohl im Plenum als auch in Kleingruppen statt, Präsentationen der Gruppenergebnisse wechselten mit Feedback- und Fragerunden ab.

Die weiblichen und männlichen Symbole ermöglichten ein schnelles und komplettes Erfassen des Aufstellungsfeldes, die Teilnehmer/innen konnten alle vorhandenen Positionen einnehmen und neue als Stellvertreter austesten.

Interaktionsmöglichkeiten, Abwechslung und Praxis scheinen mir auch im Nachgang bestens geglückt. Woran ich noch ein wenig feilen möchte, sind die Vorlagen, die vielleicht einen Tick zu klassisch waren. Ich denke da an bewegliche Formen, die weder männlich noch weiblich sind, jedoch eine eindeutige Blickrichtung aufweisen. So könnten Objekte leichter mit in die Aufstellung aufgenommen werden. Bei einer online Wiederholung des Moduls würde ich eine Hybride Form wählen, die aus einer Mischung von 2D und 3D Räumen bestehen sollte, wenn die Teilnehmer/innen da technisch mit können. Bei einer Ausbildung halte ich das Online-Angebot als zusätzlichen Übungsraum für notwendig und wünschenswert.

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