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Beratungsprozesse zeigen, dass Fragen der richtige Schlüssel zur Lösung sind. Helfen sie nicht, rät der Experte zur richtigen Fragetechnik. Da ist in der Kommunikationstheorie dann die Rede von offenen- und geschlossenen Fragen. Beide Typen verkörpern unterschiedliche Qualitäten. So erwartet der Fragende bei dem geschlossenen Fragetyp als Antwort lediglich ein simples Ja oder Nein, wohingegen die offene Frageform auf Zusatzinformationen und Hintergründe abzielt und ein einfaches Bejahen oder Verneinen unhöflich wäre.

Hier ein paar Beispiele aus der Kommunikationspraxis:

  1. Wird es heute regnen?
  2. Wie kommen Sie mit Ihrer Arbeit voran?
  3. Woran liegt es Ihrer Meinung, dass die Mitarbeit so zögerlich erfolgt?
  4. Bringen Sie Kaffee mit?

Auflösung
1. + 4. = der geschlossene Fragetyp
Bitte antworten Sie hier nur in aller Kürze und vermeiden Storytelling oder Ausschmückungen.
2. + 3. = die offene Frageform
Bitte antworten Sie hier nicht einsilbig, sondern in ganzen Sätzen, die durchaus auch kleinere Geschichten beinhalten dürfen.

Die Wahl des falschen Fragetyps hat sowohl auf den Sprecher als auch auf den Empfänger negative Auswirkungen. Statt eines zu erwartenden flüssigen Gesprächs stockt womöglich die Kommunikation, Sprachlosigkeit macht sich breit und auf beiden Seiten entsteht Enttäuschung, Unmut oder gar Wut. Das aufkommende Gefühl wird dann häufig nicht der falschen Wahl des kommunikativen Mittels zugeschrieben, sondern fälschlicherweise der Beziehung.

Wer fragt, der führt

Fragen sind rhetorische Machtinstrumente, die den Fragenden höher positionieren als den Antwortenden. Eine Frage nicht zu beantworten gilt als ausgesprochen unhöflich. Zu lange mit der Antwort zu warten, ist ebenfalls schlecht und könnte schnell als Schwäche interpretiert werden. Da liefert die eigene Biografie genügend Beweise, beispielsweise aus der Kinder- und Schulzeit.

Dabei lohnt es sich über bestimmte Fragen erst einmal eine Weile nachzudenken, bevor man antwortet. Mit einer einfachen Floskeltechnik können Sie hier schnell reagieren und sich dennoch Zeit verschaffen, z. B.: „Darüber muss ich erstmal nachdenken!“

Macht der Fragen nutzen

Wer sich mit Fragen auskennt, der kann sie auch so einsetzen, dass sie etwas klären, Ziele hinterfragen, Optionen eröffnen, motivieren und neuen Mut machen. Das große Kunststück besteht hierbei darin, an vertraute Gedankengänge anzuknüpfen und Freiraum für die Entwicklung zu lassen. So kann Neues entstehen oder Altes kreativ umstrukturiert werden.

Lösungsorientiert fragen

Obschon wir wissen, dass meine Welt und meine Weisheit nicht deine ist, setzen wir Fragen manipulativ ein, um den anderen davon zu überzeugen, dass wir im Recht sind, die besseren Methoden haben oder die Lösung kennen. Das lösungsorientieret Fragen benötigt eine andere Haltung. Hier wollen Sie jemandem helfen, der sich auf den Weg gemacht hat, seine eigene Lösung zu finden. Mit Fragen wie: „Wie sieht für dich eine gute Lösung aus?, „Was darf bleiben, wie es ist und was muss sich ändern?“, oder „Woran merkst du, dass du am Ziel bist?“ kommen Sie im Gespräch weiter und nutzen die Zielperspektive ihres Gegenübers.

Vorstellungskraft stärken

Hypothetische Fragen wie: „Was wäre, wenn es dir plötzlich viel besser ginge?“ helfen das Hamsterrad zu verlassen und sich aus den eigenen Kreisbewegungen zu befreien. Manchmal muss die Kreativität von außen mit ungewöhnlichen Fragen und Eindrücken angestoßen werden. Das kann auf vielfältige Weise geschehen, beispielweise mit zirkulären Fragen, wie: „Was würde denn Ihr Chef zu Ihnen sagen, wenn er von ihrer Aktion hörte?“ Diese Antwort bietet ein völlig neues Bild oder Bewertung einer Situation, wenn Sie bei Anwendung desselben Fragetypus den Chef durch diverse Familienangehörige ersetzen. Fragen Sie nach der potentiellen Reaktion von Mann, Frau, Lebenspartner, Tochter, Sohn, Vater der Mutter und Sie werden Zeuge einer Veränderung Ihres Gesprächspartners und seiner Situation.

 

Anwendung der Fragen

Coaches lernen unterschiedliche Fragetechniken im Verlaufe ihrer Ausbildung. Die Fragen werden lösungsorientiert zur jeweiligen Zielerreichung während des Coachings ausgewählt und müssen in ihrer Wirkung und Anwendung geübt werden. Manche Fragetypen, vor allem die hypothetischen, funktionieren nur, wenn die innere Logik stabil ist und durch eine feststehende Wortwahl erhalten bleibt. Kleine Veränderungen im Wording können hier den Erfolg verpuffen lassen. Stellen Sie sich folgende beiden Fragen, die ähnlich wirken und achten dabei auf Ihre Reaktion:

  1. „Wie geht es Ihnen, wenn es Ihnen besser geht?“
  2. „Wie geht es Ihnen, wenn es Ihnen besser ginge?“

Die größere Kraft zur positiven Veränderung besitzt Nummer eins. Bei Nummer zwei schwingt ein Zweifel mit, der besagt, es könne auch ganz anders sein (für alle Grammatikfans: Irrealis).

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